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Regula von Arx – das Entstehenlassen eines Bildes
«Wesenhaftes malerisch, nicht bildhaft sofort» war das Motiv der Malerin Regula von Arx (1945 bis 1997). Sie hat in vielen Ländern Unterricht für Biologen, Lehrer, Landwirte gegeben und ich vermute, dass dieses Bild in der Vorbereitung auf einen solchen Kurs entstanden ist.
Auf gute Komposition legte sie großen Wert. Anfänger ließ sie mittels Daumen und Zeigefinger beider Hände ein Viereck machen, um in der Landschaft einen geeigneten Bildausschnitt zu bestimmen. Wo immer sie war, hatte sie einen offenen Blick für Kompositionen und freute sich, wenn sie anregende Zusammenhänge sah. So bewunderten wir beispielsweise auf einem nächtlichen Spaziergang die leuchtenden Hauptsterne der Zwillinge zwischen hohen Bäumen. In der nächsten Nacht waren wir eine halbe Stunde später an der gleichen Stelle und sie bemerkte tief enttäuscht, dass der Anblick jetzt nicht mehr so schön war.
Die Komposition des ausgewählten Bildes ist schlicht, ein Baum rechts im Vordergrund und einer links im Hintergrund. Der Horizont befindet sich für einen Holländer ziemlich hoch, für einen Schweizer eher tief. Die gelbe Farbe gibt dem Gemälde einen sonnigen, freundlichen Ausdruck. Zunächst kann die intensive, recht große Fläche bei der Krone des linken Baumes befremdlich wirken. Da die Gelbstimmung aber auch in die grüne Wiese unter dem Baum hineingewoben ist und so die Erde aufleuchten lässt, erscheint das Ganze jedoch stimmig. Der rechte Baum zeigt ein viel reicheres farbliches Zusammenspiel von Himmel und Erde. Das Dunklere hinter diesem Baum dagegen ist eintönig, als ob Hügel in der Ferne nur angedeutet würden.
Den Bildern von Regula von Arx liegt ein strenger, klar gegliederter Arbeitsablauf zu Grunde. Aus einer Unmenge von Farbtöpfen wurden nur wenige Grundfarben gewählt, die weite Palette der Farbnuancen ließ sie erst auf dem Papier entstehen. Sie arbeitete mit Pflanzenfarben, in späteren Jahren kamen Mineralpigmente dazu. Mit dem Pinsel wurden wässrige Farbstreifen zart strömend angebracht und das Gebildete wurde sorgfältig beobachtet. So lebte sie sich immer mehr sowohl in die Farbqualitäten und Gesten des gemalten Ortes wie des eigenen Bildes ein. Das Übereinanderschichten der Farbflächen rief zauberhafte Stimmungen hervor. Erst in einer späteren Phase des Malprozesses wurden einzelne Stellen mit bräunlichen Farben betont und das farblich Webende bekam so etwas Klares und Irdisch-Festes, auf dem der Blick ruhen kann.
Eine in sich abgerundete Gestaltung war für Regula von Arx jedoch noch kein fertiges Bild. Da blieb ihre Frage nach dem Motiv: Welche ganz spezifische Botschaft möchte ich meinem Bild mitgeben?
Etwas ist mir beim Betrachten des gezeigten Bildes aufgefallen. Sehen Sie es auch? Links neben dem Baum, da steht doch ein Reh oder ein Hirsch? Das Tier hat sich gerade umgedreht, um mich anzugucken! Regula von Arx hatte sicher gelächelt, als sie entdeckte, dass da eine Farbfläche entstanden war, die mit wenigen Pinselstrichen zu einem hübschen, wach schauenden Tier weitergestaltet werden konnte.
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Beim Sterben einer Frau hatte ich das Bedürfnis, dass in ihrer Nähe ein gutes Bild wäre. Als ich ihr dieses zarte, jedoch leuchtende Gemälde zeigte, wachte sie langsam ganz auf und sagte mit unerwartet klarer Stimme: «Oh, wie schön!» Das so intensive In-sich-Aufnehmen durch eine Sterbende war zunächst überraschend – der Malprozess hat sich in ihrer Seele fortgesetzt.
Mit speziellem Dank an Mathias Buess und Hans-Rudolf Volkart.
Für a tempo Kunststücke " Geheime Liebschaften" 10/ 2005
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